Der erste Eintrag
Der Anfang sollte ganz anders sein. Ich habe mir Gedanken gemacht, sie in Notizen eingefangen, die Notizen verloren und von neuen angefangen… und heute hat mich meine Freundin unbeabsichtlich herausgefordert. Das passt. Das passt zu Chesterton.
Den Gilbert Keith Chesterton fand ich gestern in der Bibliothek. Ein recht dünnes Buch mit dem Titel „Der Mann, der Donnerstag war“. Donnerstage fand ich immer sympathisch, also nahm ich das Buch mit. Man merkt der Geschichte sofort an, dass sie von einem Mann erzählt wird, der viel Zeit hat. Sowohl in der Zeit des Autors als auch heute ist die Frage danach, was die Zeit ist, einer der Fragen, auf die die Wissenschaft keine Antwort hat, dennoch: damals schienen Menschen die Zeit zu haben, heute haben wir sie aber offensichtlich verloren. Vielleicht ist das der Grund, warum die Idee so aus der Mode gekommen ist? Oder ist es nicht die Idee, die im Untergrund ihr Dasein fristet, sondern der Genuss, einer Idee zu verfallen?
Die Geschichte von dem Mann, der Donnerstag war, fing in dem Teil von London an, wo die Sonne zu untergehen pflegte. Sie nimmt ihren Lauf mit einer Herausforderung und nun wird das das Pendant zu meinem heutigen Gespräch, das der Anmach-Schubs war.
Zwei Poeten: Mr. Syme und Mr. Lucian Gregory:
„Mr. Syme“, sagte er, „Ihnen glückte heute abend bei mir etwas ziemlich … Merkwürdiges. Etwas … das bislang noch keinem aus einem Weibe Geborenen mit mir glückte.“
„Wahrhaftig!“
„Doch! Nun erinnere ich mich“ resümierte Gregory nachdenklich „einem vor Ihnen, dem glückte es gleichfalls schon. Und das war … und das war der Kapitän eine Sechserfährbootes (wenn ich mich recht erinnere) in Südend. Sie haben mich … gereizt.“
„Tut mir ungemein leid“, erwiderte Syme würdig.
„Und ich fürchte und ich muß sehr fürchten, daß eine bloße Entschuldigung die Sache abzuwaschen vermöchte“ sprach Gregory geruhig. „Und auch kein Zweikampf wäre da Genugtuung genug. Es ist nur ein Weg, den ich Insult auszutilgen, und diesen Weg wähle ich. Ich werde – dabei womöglich mein Leben und meine Ehre zu Opfern bringen müssen -, ich werde Ihnen beweisen, daß Sie unrecht hatten mit dem, was Sie sagten!“
„Was sagte ich?“
„Sie sagten, daß es mir nicht ernst um meinen Anarchismus wäre.“
„Es kann einem so und so ernst um etwas sein. Es gibt verschiedene Grade. Es gibt Nuancen“, erwiderte Syme. „Ich habe niemals gezweifelt, daß Sie restlos ehrlich meinten, insofern als Sie dachten: was Sie sagten, das sei wohl wert, daß Sie es sagten … daß Sie dachten: ein Paradoxon vermag einen Menschen aufzurütteln zu neuer Erkenntnis einer längst geringgeschätzten, verachteten Wahrheit.“
Gregory blickte ihn fest und schmerzlich an.
„Und aber anders als so“, fragte er, „halten Sie mich nicht für ernst? Sie glauben also, ich wäre der fláneur, der gelegentliche Wahrheiten fallen läßt? Sie glauben absolut nicht, daß ich es in einem tieferen, in einem tödlicheren Sinn ernst meinen könnte?
Syme stießt hart mit dem Spazierstock auf die Pflastersteine.
„Ernst – ernst!“ schrie er. „Herr Jesus, Herr Jesus! Ist es am Ende diese Straße ernst? Sind am Ende diese verdammten chinesischen Papierlaternen ernst? Ja, ist denn der ganze Klimbim ernst? Da kommt man hierher und redet seinen Stiefel zusammen – und das so gut, als man es eben vermag - - - aber das muß ich denn doch sagen, daß ich verflucht wenig von einem Menschen halte würde, der als Bodensatz seiner Seele nicht etwas Ernsteres zurückbehielte als all den Quatsch – etwas Ernsteres, sei es nun Religion oder ein guter Tropfen.“
„Ausgezeichnet“, sagte Gregory, und sein Antlitz verfinsterte sich, „so sollen Sie denn etwas Ernsteres erleben, Ernsteres als ein guter Tropfen oder Religion!“
Ja, auch ich will es versuchen.
Den Gilbert Keith Chesterton fand ich gestern in der Bibliothek. Ein recht dünnes Buch mit dem Titel „Der Mann, der Donnerstag war“. Donnerstage fand ich immer sympathisch, also nahm ich das Buch mit. Man merkt der Geschichte sofort an, dass sie von einem Mann erzählt wird, der viel Zeit hat. Sowohl in der Zeit des Autors als auch heute ist die Frage danach, was die Zeit ist, einer der Fragen, auf die die Wissenschaft keine Antwort hat, dennoch: damals schienen Menschen die Zeit zu haben, heute haben wir sie aber offensichtlich verloren. Vielleicht ist das der Grund, warum die Idee so aus der Mode gekommen ist? Oder ist es nicht die Idee, die im Untergrund ihr Dasein fristet, sondern der Genuss, einer Idee zu verfallen?
Die Geschichte von dem Mann, der Donnerstag war, fing in dem Teil von London an, wo die Sonne zu untergehen pflegte. Sie nimmt ihren Lauf mit einer Herausforderung und nun wird das das Pendant zu meinem heutigen Gespräch, das der Anmach-Schubs war.
Zwei Poeten: Mr. Syme und Mr. Lucian Gregory:
„Mr. Syme“, sagte er, „Ihnen glückte heute abend bei mir etwas ziemlich … Merkwürdiges. Etwas … das bislang noch keinem aus einem Weibe Geborenen mit mir glückte.“
„Wahrhaftig!“
„Doch! Nun erinnere ich mich“ resümierte Gregory nachdenklich „einem vor Ihnen, dem glückte es gleichfalls schon. Und das war … und das war der Kapitän eine Sechserfährbootes (wenn ich mich recht erinnere) in Südend. Sie haben mich … gereizt.“
„Tut mir ungemein leid“, erwiderte Syme würdig.
„Und ich fürchte und ich muß sehr fürchten, daß eine bloße Entschuldigung die Sache abzuwaschen vermöchte“ sprach Gregory geruhig. „Und auch kein Zweikampf wäre da Genugtuung genug. Es ist nur ein Weg, den ich Insult auszutilgen, und diesen Weg wähle ich. Ich werde – dabei womöglich mein Leben und meine Ehre zu Opfern bringen müssen -, ich werde Ihnen beweisen, daß Sie unrecht hatten mit dem, was Sie sagten!“
„Was sagte ich?“
„Sie sagten, daß es mir nicht ernst um meinen Anarchismus wäre.“
„Es kann einem so und so ernst um etwas sein. Es gibt verschiedene Grade. Es gibt Nuancen“, erwiderte Syme. „Ich habe niemals gezweifelt, daß Sie restlos ehrlich meinten, insofern als Sie dachten: was Sie sagten, das sei wohl wert, daß Sie es sagten … daß Sie dachten: ein Paradoxon vermag einen Menschen aufzurütteln zu neuer Erkenntnis einer längst geringgeschätzten, verachteten Wahrheit.“
Gregory blickte ihn fest und schmerzlich an.
„Und aber anders als so“, fragte er, „halten Sie mich nicht für ernst? Sie glauben also, ich wäre der fláneur, der gelegentliche Wahrheiten fallen läßt? Sie glauben absolut nicht, daß ich es in einem tieferen, in einem tödlicheren Sinn ernst meinen könnte?
Syme stießt hart mit dem Spazierstock auf die Pflastersteine.
„Ernst – ernst!“ schrie er. „Herr Jesus, Herr Jesus! Ist es am Ende diese Straße ernst? Sind am Ende diese verdammten chinesischen Papierlaternen ernst? Ja, ist denn der ganze Klimbim ernst? Da kommt man hierher und redet seinen Stiefel zusammen – und das so gut, als man es eben vermag - - - aber das muß ich denn doch sagen, daß ich verflucht wenig von einem Menschen halte würde, der als Bodensatz seiner Seele nicht etwas Ernsteres zurückbehielte als all den Quatsch – etwas Ernsteres, sei es nun Religion oder ein guter Tropfen.“
„Ausgezeichnet“, sagte Gregory, und sein Antlitz verfinsterte sich, „so sollen Sie denn etwas Ernsteres erleben, Ernsteres als ein guter Tropfen oder Religion!“
Ja, auch ich will es versuchen.
nika.niema - 29. Jan, 21:30
schöner Amfang